Bild 15, "Blues Beach" (1997)
Öl/Fotokarton, 68 x 48 cm

In der konstanten Auflösung der raumzeitlichen Ordnung unseres Wahrnehmungsfeldes, verändert sich der Sinn oder die Bedeutung von einzelnen Zusammenhängen;
so kann beispielsweise in der durch die Auflösungsprozesse bedingten Umwandlung, selbst der Inhalt von geschriebenem Wort - aber auch von auf Gemälden dargestellten Motiven, bei Musik- oder Tanzkompositionen, in der Architektur etc. - in einem anderen, neuen Zusammenhang interpretiert werden, weil deren Inhalt eine weitere Bedeutung erfahren hat, die überhaupt nicht konform mit deren früheren sein muß, ja diese bereits sogar schon ausgelöscht (eliminiert) oder überdeckt haben kann.
Veranschaulicht wird diese Inhaltsveränderung einer fest im RZG eingewurzelten Seinsstruktur zu einer von ihr unterscheidenden, am Anfang noch losen, weiteren Struktur mit verändertem Bedeutungs- und Assoziationsniveau, die ihrerseits aber bereits im Begriff ist, sich in einem durch ihre Veränderung verändertem, nicht unbedingt parallelen RZG "fest" zu verwurzeln, besonders deutlich auf dem vorliegenden Bild:
Es kann sich also selbst aus der weltlichen und volkstümlichen Gesangsform nordamerikanisierter Schwarzer - dem BLUES, zufällig durch Zersetzung und Abbau des Substanziellen, die heimtückische Geschlechtskrankheit LUES, auch volkstümlich Syphillis genannt, entwickeln, was den Sinninhalt und die Aussagekraft, die dem Bild bisher innewohnte, aufs gröbste verändert hat.
Deretou Tegal dou moye lou pou borom - Ausspruch der Wolof in Senegal: Das Blut des Beschnittenen spritzt nur auf seine eigenen Schenkel.
Inmitten einer der schönsten Ansiedlungen, nämlich des in den Mangrovensümpfen mit Regenwaldatmosphäre, direkt am Meer gelegenen und mit einem herrlichen Sandstrand versehenen Cap Skirring ( Casamance, Südsenegal ) kam ich an einem Club Mediterannee vorbei, dieser war eingezäunt, und die dort untergebrachten weißen Touristen, vielleicht "Neckermann"-Reisende, zumindest ist dieses Wort in der afrikanischen Bevölkerung dieses Landstrichs ein Begriff geworden, durften aus angeblicherweise versicherungstechnischen Gründen das Territorium nur in Begleitung verlassen, und deshalb geschah das meistens hordenartig, immer dann, wenn gerade Personal für eine Führung außerhalb des Clubgeländes zur Verfügung stand.
Kurz nachdem wir etwas später von unserer Afrikareise zurückgekehrt waren, ich mich also noch in der notwendigen Wieder-Eingliederungsphase in unsere Welt der Kultur und Gepflogenheiten befand, die ich zum Teil fast schon vergessen zu haben meinte, sah ich zufällig in einem Fernsehsender einen kritischen Bericht über diverse Reise Clubs in Senegal, mit den selben Gepflogenheiten, der mir fast die Tränen in die Augen trieb, wegen der scheinbaren Ausweglosigkeit auf beiden Seiten.
Für diesen Bericht wurden jene sogenannten organisierten Führungen, der sonst in ihre gebuchten Clubs weggeschlossenen Touristen, in denen sie aber eigentlich alles finden konnten, an was sie von zu Hause her gewöhnt waren, und vielleicht auch noch ein wenig mehr - Gut, Abstriche in manchen Gebieten, wie der Hygiene mußten natürlich zähneknirschend in Kauf genommen werden -, gefilmt. Der Führer der Gruppe beschloß also mit seiner Herde durch eines der kleineren Dörfchen in der näheren Umgebung des Clubs zu pilgern. Am Ziel angekommen, minderjährigen Besuchern eines Freiland-Streichelzoo-Geheges nicht ganz unähnlich, schwärmten sie dann einzeln aus, und scheuten sich nicht, ohne Vorwarnung oder Einladung, verschiedene Lehmhäuser zu betreten. Und wenn sie dann zufällig eine stillende Mutter darin entdeckt hatten, teilten sie das sofort ihren aufgedunsenen und sonnenverbrannten Ehefrauen und Urlaubsfreunden mit lautem Geschrei mit, und waren aufgeregt darüber, ein ethnologisches Ereignis so hautnah erheischen zu können oder darüber, daß sie dieses seltene Erlebnis ihren Ehefrauen in Aussicht zu stellen vermochten, wenn sie sich um herzukommen nur beeilt haben würden. Blitzlichtgewitter.
Weinende Kleinkinder.
Soviel zu diesem nachträglichen dokumentarischen Filmbericht. Es gab jetzt im Moment keine Führung, deshalb saßen einige der leicht als Rentner zu klassifizierenden Touristen in einer erneuten zooartig anmutenden Situation, diesmal aber selbst ausgestellt, hinter den Umzäunungen, und fütterten schwarze bettelnde Kinder mit Gummibärchen, während sich vorbei schlendernde Jugendliche über sie lustig machten.