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Bild 11, "Der See der Geister" (1997)

Öl/Fotokarton, 68 x 48 cm



 

In Afrika ist Wasser kostbarer als jedes andere Element.

 

 

In fast jedem Teich und in fast jedem Bach wohnt ein Geist, während in den Flüssen und Seen viele Geister, einschließlich derer der Toten und Ertrunkenen, zu Hause sind. Die Kpelle in Liberia erzählen von einem Wasservolk, das es in ihren Flüssen geben soll, Wesen mit Menschenköpfen und langem Haar, aber mit einem Fischschwanz als Unterleib. Früh am Morgen sonnen sie sich auf den Felsen, wenn man eines sieht, so sagen sie, soll man um Geld bitten. Als Gegenleistung sollen diese allerdings jeden Monat einen weißen Widder, eine Bahn weißen Tuches verlangen, und zusätzlich die Ehefrau, die Mutter oder die Tochter, auf jeden Fall aber die Frau, die man am meisten liebt, für Reichtum im Rest des Lebens.

Daher kommt der Spruch: Er hat seine Mutter verschenkt, nur um reich zu werden.

 

Die Basotho erzählen die Geschichte einer schrecklichen Dürre, als der Fluß, der stets das Königreich genährt hatte, völlig ausgetrocknet war, und der König seine Boten in das Gebirge sandte, in dem der Fluß entsprang, wo diese dann dem Flußgott begegneten. "Ich werde euch Wasser geben, wenn euer König mir seine Tochter bringt!"

Widerwillig befolgte der König das Gebot, die Tochter bekam mit dem Gott noch viele Kinder, und es fehlte dem Land nie mehr an Wasser.

 

Als die Söhne der Götter die Menschentöchter sahen und sie gut befanden;

und sie machten alle Erwählten zu ihrer Frau.

Die Nefilim waren auf der Erde in jener Zeit und auch später, als die Söhne der Götter

den Töchtern Adams beiwohnten,und sie gebaren ihnen Kinder.

Sie waren die Mächtigen der Ewigkeit - das Volk des schem.

(Anfang des sechsten Kapitels der Genesis im alten Testament der Bibel)

 

Enlil,

Als du göttliche Niederlassungen auf der Erde schufst,

erbautest du Nippur als deine eigene Stadt.

Die Stadt der Erde, die erhabene,

dein reiner Ort, dessen Wasser süß ist.

Du gründetest DUR.AN.KI

im Mittelpunkt der vier Winkel der Welt

(sumerischer poetischer Text)

 

In der prähumanen Zeit errichtete der Gott Enlil Nippur als seinen "Kommandoposten", der mit dem Himmel und der Erde verbunden war. Dieses Band zwischen Himmel und Erde nannten die Sumerer DUR.AN.KI. In jener frühen Zeit, als nur die Götter Nippur bewohnten und der Mensch noch nicht geschaffen war, traf Enlil die Göttin, die seine Frau werden sollte. Es war Sud ("Pflegerin"), die den Titel NIN.LIL ("Herrin des Luftraums") erhielt.

(Aus Zecharia Sitchin, "The Twelfth Planet", 1976)

 

Der Wassergott kann ein Krokodil sein. Es kann sich aber auch um eine Göttin handeln, das Flußpferd, das schwangere Frauen beschützt.

 

Eine Frau, deren Totem ein großer Fisch war, lockte einmal einen solchen Fisch mit Reis an. Während dieser den Reis fraß, tötete der Mann ihn mit einem Messer. Sie kochten den Fisch und aßen ihn. Beide starben.

 

Die Fula in Mali berichten von einer Stadt, die es einst in der Nähe eines großen Sees gab, deren Bürger allerdings nur einmal im Jahr berechtigt waren, Wasser zu schöpfen, weshalb es in jedem Haus eine Zisterne im Keller gab, in der die Menschen das Wasser für das ganze Jahr aufbewahrten. Um dazu berechtigt zu sein, einmal im Jahr Wasser schöpfen zu dürfen, mußte einem Drachen, der in diesem See hauste, eine Jungfrau geopfert werden. Der Tag kam, an dem es keine Jungfrau mehr gab, außer dem einzigen Kind des Königs, Fatouma, einem Mädchen , das so schön war, daß ihr Name sogar in den Nachbarländern bekannt war. Dort lebte ein Prinz Hammadi, der sie später befreite, den Drachen tötete, dessen Augen funkelten wie Flammen und aus seinem Maul spiehen Funken, sich in sie verliebte und schließlich heiratete.

 

 

Auszug aus meinem Reisetagebuch: Mittwoch, 10. 01. 1990

 

Unterwegs in anklingender tropischer Regenwaldsatmosphäre hatten wir eine Autopanne. Ein Reifen des ansonsten geländegängigen Wagens mußte gewechselt werden. Diese kleine Pause inmitten des Urwaldgebietes auf dem Weg nach Cap Skirring, nutzte ich für eine kurze Expedition in den Dschungel. - Nach einer Weile komme ich an Termitenhügeln vorbei und stoße auf einen sehr magischen Ort. Erst jetzt bemerke ich, während ich durch das dichte, hohe Gras gehe, daß ich verfolgt werde, ich höre ein beständiges Rascheln, mal hinter mir, mal neben mir, aber ich kann im hohen Gras nichts erkennen. Wenn ich mich bewege, bewegt es sich auch, bleibe ich stehen, bleibt es ebenso stehen. Es tut das gleiche, was ich mache. Vor mir erstreckt sich dann ein kleiner grauer Teich, mit Seerosen bedeckt und von Mangroven umsäumt. Dahinter ein Fluß, vor dem, wie es mir erst scheint, eine neue surrealistische Vegetationsform in dem leuchtend grünen Gras, ihre braun-gelben Kolben in die Sonne streckt. Jene erweisen sich jedoch beim Näherkommen und näheren Hinsehen, als auf Stecken gestülpte Kalebassen. Verrückte Optik. Am anderen Ufer des Flusses steckt ein Pfahl, wie ich erst jetzt entdecke, auf den der Schädel eines Ochsen (oder einer kräftigen Antilope) gespießt ist. Ein grüner, etwa zwei Meter langer Leguan rennt nun an mir vorbei, und hüpft galant durch das Wasser des Flusses. War das etwa mein Begleiter? Jener, der alles das machte, was ich tat? Und als ich mich vor dem Schädel erschreckte, erschreckte sich dieser ebenso und ergriff die Flucht. Lieber wieder zurück,schließlich warteten die Anderen sicher schon...

Auf dem Rückweg gerate ich auf eine kleine Lichtung, wo ich im Schatten des Waldes versteckt, eine einsame Palmhütte entdecken kann. Alles das kann ganz normales afrikanisches Alltagsszenario sein, und um die Ecke könnte sich ein gemütliches Palmweingärtchen befinden. Diese einsame Hütte mitten im dichten Dschungel könnte aber auch einem Marabout, oder vielleicht einer Hexe gehören, die von der Dorfgemeinschaft, möglicherweise wegen Zauberei oder bösem Blick, ausgestoßen in der Einsamkeit des Urwalds, ihr Dasein fristet. In den Bäumen hängen vereinzelt Gris-gris oder Fetische, gehe also respektvollerweise nicht näher ran, damit ich keinen bösen Ausschlag, die Ruhr und eine eingedrückte Nase bekomme.

Später, im Cap treffe ich auf einen Einheimischen, der Ellen aus St. Louis kennt. Irgendwie unglaublich, wie klein uns die Welt manchmal zu erscheinen vermag! Es ist wunderschön hier und paradiesisch:

Kapokbäume, mit riesigen ausladenden Wurzeln, Palmen, Urwald, Mangroven, Sümpfe und viele bunte Vögel und prächtige Schmetterlinge flattern durch die wohlriechende Luft. Ich muß sagen, ich fühle mich hier ebenfalls so richtig prächtig!

Da der Tag noch jung ist, beschließe ich ein erfrischendes Bad im Meer zu nehmen, und mir anschließend den weißen Sandstrand zu geben, an dem ich natürlich prompt mit ein paar Rastas ins Gespräch komme. Wenn du dieses Kraut rauchst, erzählen sie mir, siehst du nicht mehr das Meer, du siehst dann die Fische!

Und ich denke, heute Abend ziehe ich mir noch das Nachtleben dieses traumhaften Ortes rein...

Ellen scheint hier nachhaltig einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben...

 

Bei einer Reise im Bassagebiet in Zentral-Kamerun erfuhr die Ethnologin Johanna Wagner 1987 von Wassergeistern (bisime bzw. mamiwata), die mit Hilfe von pflanzlichen Mitteln kontaktierbar waren: "Wenn man mit den bisime in Verbindung treten will, geht man zu einem traditionellen Doktor. Der gibt einem etwas zum Einnehmen und zum Einreiben. Dann sieht man die bisime und kann auch mit ihnen reden. Wenn man die Verbindung mit den bisime aufgeben will, geht man wieder zu einem traditionellen Doktor. Der gibt einem etwas. Damit muß man den Körper einreiben. Dann trifft man keine bisime mehr. Sie haben sich zurückgezogen."

 

Im Kongo sind die Bisimbi (Singular: Kisimbi) hauptsächlich die Bisimbi bi Masa, die Wassernymphen, da es auch andere Arten gibt. Sie sind die Geister der Toten und leben vorzugsweise in Quellen und Teichen, die den Ursprung der Flüsse bilden. Sie sind so gefährlich, daß sich nur der nganga (Medizinmann, Magier, Marabout, Kräuterkundiger, Schamane) dorthin, auf der Suche nach Wurzeln und Kieselsteinen für seine Arbeit, begibt. Nur nach Ausführung besonderer Rituale kann er einige der Wasserpflanzen pflücken, die als hervorragende Medizin gegen Hauterkrankungen gelten, die von den Bisimbi verursacht werden.

 

Alle sumpfigen Gegenden, in denen Wasser vorkommt, Quellen, Teiche, Weiher und Seen sind in Zimbabwe (bei den Karanga) heilig, weil sie von den njuzu, den Wächtern des klaren Wassers, bewohnt werden. Mädchen müssen Wasser mit einem gründlich gesäuberten Krug holen, denn sonst werden die njuzu sie fangen. Emporstrebende Schamanen müssen eine zeitlang bei den njuzu verbringen, die sie die Kunst und Magie des Heilens lehren, wie niemand sonst. Die njuzu herrschen über die Geschöpfe des Wassers, die Krokodile, die Schlangen und die Fische. Ein njuzu kann als Fisch mit einem Menschenkopf erscheinen.

 

Das Volk der Swahili glaubt, daß ein afiriti in Flüssen und kleinen Buchten lebt, in denen die Jungen schwimmen gehen. Dann packt er plötzlich einen von ihnen an den Beinen und zieht ihn nach unten. Demzufolge wird er mit Beinkrampf gleichgesetzt.

 

Geht dies alles nun, was wir jetzt hier gelesen haben, von diesem einen-einzigen Bild aus der Afrika-Serie hervor, welches wir eben in den Genuß kamen betrachten zu können? Nein! Sicherlich nicht! Aber diese Dinge spielten beim Schöpfungsprozess dieses Bildes wohl eine Rolle, und sie sind es wert, deshalb etwas an Beachtung zu finden. Und wenn man die Sache (das Bild) aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, kann sich einem sogar weit mehr noch erschließen, als sich bereits jetzt schon, aus dem vorigen Betrachten verschiedener Mythen anhand des Textes, den wir gelesen haben, in unseren Gedanken geformt hat. - der See der Geister.

 

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