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Bild 13, "Die zweite Nacht" (1997)

Öl/Fotokarton, 68 x 48 cm



 

Auszug aus meinem Reisetagebuch: Donnerstag, 28.12.1989

 

Ausgiebiger erneuter Spaziergang in St. Louis: "Man frage sich, ob nicht jedes fremde, aus seiner Umgebung gerissene Geschöpf einen gewissen ängstlichen Eindruck auf uns macht, der nur durch Gewohnheit abgestumpft wird. Es gehört schon ein geräuschvolles Leben dazu, um Affen, Papageien und Mohren um sich zu ertragen.";

Meine Meinung dazu ist allerdings, daß diese "angstvolle" Stimmung, die uns befällt, uns dazu befähigen kann, wacher, unvoreingenommener und offener mit unserem Erleben in einer uns fremden Welt umzugehen.

"Manchmal, wenn mich ein neugieriges Verlangen nach solchen abenteuerlichen Dingen anwandelte, habe ich den Reisenden beneidet, der solche Wunder mit anderen Wundern in lebendiger alltäglicher Verbindung sieht. Aber er wird auch ein anderer Mensch. Es wandelt niemand ungestraft unter Palmen, und die Gesinnungen ändern sich gewiß in einem Lande, wo Elefanten und Tiger zu Hause sind."

Die Zitate in Anführungszeichen stammen aus Wolfgang Goethe's Die Wahlverwandtschaften II, und bei diesem zweiten Zitat bin ich in soweit einer Meinung mit ihm, daß man sich als Europäer sicherlich verändern mag, in solch einem Land, selbst wenn die Tiger meist durch Löwen ausgetauscht sind, wie in meinem Fall. Ich bin allerdings nicht der Auffassung, daß man das als eine Strafe ansehen muß, sondern tendiere eher dazu, es als eine Chance zur Erweiterung meiner Bewußtseinsgrenzen anzusehen, da die Filter der Alltäglichkeit und der gewohnten Routine, die sonst gerne bei mir vorherrschen, auf ein Minimum reduziert sind.

St. Louis ist eine alte Kolonialstadt und liegt dreigeteilt direkt im Mündungsbereich des Senegal-Flusses, der hier direkt ins Meer fließt. Die Stadt besteht aus dem Hauptteil Sor, der noch auf dem Festland liegt und durch eine schwere Eisenbrücke mit der Insel davor verbunden ist. Von der Insel kann man dann ebenfalls über eine Brücke jene schmale Landzunge erreichen, die der Insel vorgelagert ist, und die die Fischerinsel genannt wird, weil dort hauptsächlich die Fischer leben. Alle diese drei Stadtgebiete scheinen unabhängig von einander, einjedes auf seine eigene Art, und doch nebeneinander zu existieren. Seit 200 Jahren verschmelzen hier afrikanische und französische Kultureinflüsse miteinander. Interessantes aber verschlafenes Städtchen - früh ins Bett...

Die zarte Melodie eines Saxophons schlängelt sich, vobei am Gezirp von Grillen und am Gezeter von Zikaden, durch die Nacht in meine Ohrmuschel. Für einen Augenblick erliege ich der Illusion, einen Walkman zu tragen, als ich diese feinen, subtilen Töne wahrnehme.

 

it's a Magic Night,

 

it's an African Night!

 

Die Feldforscherin Eleonore Smith Bowen sagte dazu in "Rückkehr zum Lachen":

 

Der gesunde Menschenverstand vermag wenig gegen eine afrikanische Nacht, und für alle, die allein im Busch sitzen, ist die Nacht ungezähmt und fremd.

 

Außerdem schildert sie in obengenanntem Werk eine weitere Form des Erlebens einer afrikanischen Nacht:

 

Es war die Schlechte Zeit im Jahr, eine Zeit, die mit den Fiebern und Infektionen der späten Regenfälle beginnt und mit den Epidemien endet, die die Harmattanwinde aus der Sahara bringen. Schon versanken die tiefer liegenden Teile des Landes langsam im Schlamm. Wasserpfützen standen in jeder Vertiefung der Wege. Die Feuchtigkeit und die Moskitopage hielten die Leute nachts bei ihren Feuern, wo sie sich im Rauch einhüllen konnten.

Nur die Kröten wurden immer größer, gesünder und zahlreicher. Sie waren überall in meinem Hof. Nachts leuchtete ich nervös mit meiner Taschenlampe umher, um mir einen Weg zwischen ihren plumpen, schlammfarbenen Körpern zu bahnen.

 

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